Titelbild: mik Am Bahnhof Tierpark: Immer wieder Neues von Vonovia Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. 21. JG. Nr. 80, II/2025 Genossenschaft von Unten: Kongress in Hamburg Mieterhöhungen: Vorsicht Fantasiezuschläge www.mieterverein-dortmund.de
Mieterforum II/2025 2 Intern Editorial .................................... S. 2 Aktuell Netzwerk Mieten & Wohnen ..... S. 3 Vermieter Vonovias neue Maschen ............ S. 4 Wohnungspolitik Mieterschutz im Koalitionsvertrag ................. S. 6 Mietrecht Neue Urteile ............................. S. 8 Wohnungspolitik Kampagne gegen Diskriminierung .............. S. 10 Stadt im Wandel Alternativer Genossenschaftskongress ......... S. 12 Titel Immer was Neues ..................... S. 14 ::: Inhalt / Editorial Herausgeber und Redaktionsanschrift: Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. Kampstr. 4, 44137 Dortmund Tel. 0231/ 55 76 56 0 info@mieterverein-dortmund.de Mitglied im Deutschen Mieterbund NRW e.V. Redaktion: Martin Grebe (mag), Mirko Kussin (mik), Planerladen (pla), Markus Roeser (mar) (V.i.S.d.P.), Volker Stahl (vos), Rieke Wittler (rw) Martin Tubbesing (Layout) Anzeigen: Tel. 0231/ 55 76 56 36 Druck: L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Marktweg 42-50, 47608 Geldern Auflage: 5.000 Erscheint vierteljährlich im Eigenverlag. Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Vorweg Seit März gilt die Mietpreisbremse in Dortmund. Neu abgeschlossene Mietverträge unterliegen damit erstmals einer Preisbindung. Und obwohl es leider noch zu viele Ausnahmen gibt, ist diese Mietpreisbremse besser als gar keine Mietpreisbremse. Immerhin gibt es jetzt eine Möglichkeit sich gegen hohe Neuvertragsmieten zu wehren. Wer eine Wohnung sucht, kann die Bremse zumindest mitdenken. Denn meistens bedeutet ein Umzug eine deutliche Steigerung der Miete. Viele bleiben daher in ihrer nicht mehr passenden Wohnung. Bisher gilt die Maßnahme nur bis zum Jahresende. Eine Verlängerung der Regelung auf Bundesebene hatte die Ampelregierung nicht mehr auf den Weg gebracht. Die neue Regierung hat die Verlängerung nun erneut im Kabinett beschlossen. Bauministerin Hubertz zeigte sich offen dafür, Ausnahmen zu streichen. Entscheidend ist aber, was am Ende umgesetzt wird. Wirklich in den Griff kriegen möchte die Bundesregierung den Mietenwahnsinn mit einem Bau-Turbo. Wenn dieser richtig zündet, könnten dringend benötigte Wohnungen entstehen. Mit einer wirklichen Kostenfreie Verbraucherrechtsberatung für Mitglieder des Mietervereins Dortmund :: : 44135 Dortmund, Reinoldistraße 7-9 Tel. 0231 / 720 91 701 :: : 44532 Lünen, Kirchstraße 12 Tel. 02306 / 301 3801 :: : 44575 Castrop-Rauxel, Mühlengasse 4 Tel. 02305 / 6987 901 :: : Eine vorherige Terminvereinbarung ist erforderlich! :: : Ausgenommen: fachspezifische Beratung, die über die allgemeine Beratung hinausgeht Impressum Foto: Martina Hengesbach MVDO in den Sozialen Medien Facebook: @mieterverein Instagram: mietervereindortmund Unser Newsletter Einmal im Monat können Sie unseren E-Mail-Newsletter erhalten. Neben tagesaktuellen Infos finden Sie dort auch zahlreiche weiterführende Links zu spannenden Wohnthemen und eine umfangreiche Presseschau. Anmeldung unter www.mieterverein- dortmund.de/ssl_newsletter.html Unsere Online-Angebote Entspannung der Preise wäre aber erst bei deutlich steigendem Leerstand zu rechnen. Und wenn die Leerstände deutlich steigen, so die Erfahrung der vergangenen 20 Jahre in Dortmund, ist schnell vom Abriss die Rede. Solange möglichst hohe Renditeerwartungen den Wohnungsmarkt prägen, ob im großen Stil an der Börse oder auch bei kleineren Privateigentümer:innen, wird die Mietenkrise ohne einen Preisdeckel nicht in den Griff zu bekommen sein. Gebraucht werden mehr gemeinnützige Wohnungsunternehmen sowie eine Stärkung von Privatvermieter:innen, die nicht den Profit an erste Stelle setzen. Foto: mik ab Seite 14: Vonovias „Grey to Gold“- Strategie - hinter goldenen Fassaden bleibt alles beim Alten.
Mieterforum II/2025 3 ::: Aktuell Mitgliederversammlung am 10.09.2025 Neuer Betriebs- kostenspiegel NRW Anfang April erschien der neue Betriebskostenspiegel für NRW. Er basiert auf einer Auswertung der Betriebskosten aus dem Jahr 2023. Demnach zahlen Miter:innen im Schnitt 2,45 €/m² für die zweite Miete. Das sind 0,17 €/m² mehr als im Jahr zuvor. Der Betriebskostenspiegel kann bei der Orientierung helfen, ob die eigenen Betriebskosten überdurchschnittlich hoch sind. Er ersetzt jedoch keine rechtliche Überprüfung. Auf der Internetseite des Mietervereins lässt sich die eigene Abrechnung über den BetriebskostenCheck des Deutschen Mieterbunds in den Betriebskostenspiegel einordnen: www.mieterverein-dortmund.de/ betriebskosten.html Unsere Mitgliederversammlung findet turnusmäßig wieder am Mittwoch, 10.09.2025 ab 17:30 Uhr in der Werkhalle Union Gewerbehof statt (Huckarder Str. 10-12, 44147 Dortmund, Haltestelle Ofenstraße). Die ausführliche Einladung werden wir im kommenden Mieterforum Das bundesweite Netzwerk Mieten & Wohnen lädt zu seiner 8. Konferenz ein, die am 26. und 27. September in Dortmund stattfindet. Sie soll ein Ver- netzungs- und Denkort sein, an dem gemeinsam nach Lösungen für bezahlbaren und klimaneutralen Wohnraum gesucht wird. Die Dreifachkrise aus Mietenwahnsinn, Klimawandel und sozialer Spaltung fordert konsequentes Handeln. Wie können wir Wohnraum sichern, ökologisch sanieren und dabei soziale Gerechtigkeit und Teilhabe gewährleisten? Wir diskutieren zu drei Schwerpunkten: Wohnraumförderung und Gemeinnützigkeit (Wie können dauerhafte Lösungen für bezahlbares Wohnen gelingen?), Kurzmeldungen veröffentlichen, das Mitte August in den Druck geht. Ab Anfang August wird die Einladung sowohl auf unserer Internetseite veröffentlicht als auch in unserer Geschäftsstelle ausliegen. Wir freuen uns auf eine zahlreiche Teilnahme und eine rege Diskussion. Subjektförderung (Wohngeld und Kosten der Unterkunft) sowie Pfade zum sozialgerechten & klimaneutralen Wohnen. In acht Workshops diskutieren wir, wie die politischen Mittel beim Wohnen und Klimaschutz zum Hebel gegen die soziale Spaltung werden können. Eingeladen sind dazu alle an wohnungspolitischen Fragen Interessierte aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft & Forschung sowie Mieter:inneninitiativen, Gewerkschaften und Sozialverbänden. Freitag 26.09.2025 13:00 - 18:30 Uhr Samstag 27.09.2025 9:30 - 14:30 Uhr Konferenzort: Dietrich-Keuning-Haus, Leopoldstraße 50-58, 44147 Dortmund (Haltestelle Leopoldstraße). Eine Anmeldung ist erforderlich: www.netzwerkmieten-wohnen.de/konferenzen Wohnungsnöte und soziale Spaltung Zwischen Krisen und Stillstand – Förderung, Regulierung & Klimaschutz beim Wohnen Ende einer Hängepartie? Am 7. Juli findet die nächste Verhandlung zur Räumung des Hannibal II in Dorstfeld vor dem Oberverwaltungsgericht NRW in Münster statt. Hier stehen sich die damalige Eigentümerin des Hannibal II (Lütticher 49 Properties GmbH) und die Stadt Dortmund im Berufungsverfahren gegenüber. Acht Jahre später könnte dann vielleicht final geklärt werden, ob die Räumung des Gebäudes verhältnismäßig war. Das ist auch für die Betroffenen wichtig, die Schadensersatz geltend machen wollen. Der neue Eigentümer führt aktuell umfassende Modernisierungen an dem Gebäude durch. Es ist zu hoffen, dass die Mieter:innen mit noch laufenden Mietverträgen zeitnah zurückziehen können, wenn sie dies wünschen.
Mieterforum II/2025 4 ::: Vermieter Der Dortmunder Mietspiegel ist das Ergebnis einer umfassenden wissenschaftlichen Erhebung von tatsächlich vereinbarten Mieten in Dortmund der letzten sechs Jahre. Wenn die Ausstattung oder die Größe der Wohnung die Miethöhe signifikant beeinflusst, weist der Mietspiegel entsprechende Zu- und Abschläge aus. Je nach Baualter des Gebäudes gibt es eine Mietpreisspanne und einen Mittelwert. Die Dortmunder Gerichte entscheistattet oder gelegen seien. Dies wird jedoch weder inhaltlich begründet noch wird erläutert, wie die Höhe der Zuschläge zustande kommt. Aus Sicht des Mietervereins handelt es sich bei den Ausstattungsmerkmalen in fast allen bekannten Fällen regelmäßig um Standard. Fantasiezuschläge zurückgewiesen Viele Mitglieder des Mietervereins haben diese Fantasiezuschläge nach Beratung durch den Mieterverein zurückgewiesen. Im Gegenzug haben sie Merkmale aufgewenn sie nicht im Mietspiegel geführt werden. Dies ist nach Wahrnehmung des Mietervereins aber nicht der Fall. In den Antwortschreiben der Mitglieder werden die eigenen Zuschläge weiter verteidigt, wertmindernde Merkmale aber mit fadenscheinigen Begründungen zurückgewiesen (siehe Seite 5). Mieterhöhung zurückgezogen Kurz vor Redaktionsschluss erreichten den Mieterverein einige Schreiben der Vonovia, dass die Mieterhöhungen nach erneuten qualifizierten Stellungnahmen des Mietervereins zurückgezogen wurden. Ob Vonovia von den angedrohten Klagen auf Zustimmung nun in allen Fällen absieht, ist offen. „Viele Vonovia-Mieterinnen und -Mieter werden aus Angst vor einer gerichtlichen Klärung den Mieterhöhungen inklusive der Fantasiezuschläge bereits zugestimmt haben. Für Vonovia hat sich der Versuch dann vielleicht schon gelohnt“, befürchtet Markus Roeser, Wohnungspolitischer Sprecher des Mietervereins Dortmund. „Wir fordern von Vonovia dieses Vorgehen einzustellen und die Korrekturen für alle Betroffenen durchzuführen.“ Crowdfunding-Kampagne Um Mitglieder finanziell zu unterstützen, die sich gerichtlich gegen Vonovias Fantasiezuschläge wehren möchten, hat der Mieterverein gemeinsam mit dem DMB Mieterbund Dortmund e.V. eine Spendenaktion gestartet. Zur Kampagne: https://rb.gy/l5rcu2 Anfang des Jahres staunten viele Vonovia Mieter:innen in Dortmund. Nicht über die – zeitlich passend zum neuen Mietspiegel – erwarteten Mieterhöhungen. Aber über Zuschläge, die der Mietspiegel überhaupt nicht vorsieht. Wie etwa ein Waschmaschinenstellplatz in der Wohnung oder Handtuchheizkörper im Bad. Immer neue Mieterhöhungen Nicht alles Gold, was für Vonovia glänzt! den regelmäßig, dass der Mittelwert für die Berechnung einer Mieterhöhung anzusetzen ist. Bei einer besonders über- oder unterdurchschnittlichen Wohnung dürfte man theoretisch innerhalb der Spanne abweichen. Die Gerichte setzen hier aber sehr hohe Anforderungen. Vonovia argumentiert nun, dass ihre Wohnungen überdurchschnittlich gut ausgeführt, die eigentlich für eine unterdurchschnittliche Wohnung sprechen: beispielsweise Lärm in der Umgebung, Badezimmer ohne Fenster, nicht beheizbare Räume oder hellhörige Wände und Decken. Öffentlich und in Schreiben an Mieter:- innen, weist Vonovia darauf hin, dass solche wertmindernden Abschläge berücksichtigt werden könnten, auch In einigen Beständen investiert Vonovia viel Geld in die Aufwertung - Mieter:innen ärgern sich jedoch weiterhin über die Mieterhöhungspraxis des Unternehmens. Foto: mik
Mieterforum II/2025 5 ::: Vermieter Waschmaschinenstellplatz inkl. Anschluss in der Wohnung „Der Waschmaschinenanschluss in der Wohnung kann durchaus als wohnwerterhöhend betrachtet werden, da die Wäsche nicht bis in den Keller getragen werden muss. Die Wege werden kurz gehalten.“ (Stellungnahme Vonovia) Unsere Einschätzung: Ein Waschmaschinenanschluss in der Wohnung ist ein einfach herzustellender Standard. Vonovia verlangt dafür 0,09 – 0,12 €/m² zusätzlich. Im Vergleich: Für die Modernisierung des kompletten Badezimmers ab 2009 ist im Mietspiegel ein Zuschlag von 0,08, bzw. 0,18 €/m² (je nach Zeitpunkt) vorgesehen. Beispiele für Vonovias Argumentation Badezimmer ohne Fenster „Innenliegende Badezimmer sind meist mit einem Lüftungsgitter oder Ähnlichem ausgestattet, sodass ein Fenster nicht zwangsläufig erforderlich ist. Im Zweifel kann eine Lüftung des Raumes erfolgen, indem die Tür zum Bad aufgelassen wird. Auf diese Weise kann die Luft zirkulieren.“ (Stellungnahme Vonovia) Unsere Einschätzung: Ein fehlendes Fenster im Bad wird allgemein als nachteilig wahrgenommen. Bei der Frage der Lüftung eines Badezimmers mit Toilette, geht es nicht nur um Luftfeuchtigkeit. Auch toilettenübliche Gerüche möchten die meisten Menschen sicher nicht über die Wohnung entlüften. Bad mit Waschmaschine, aber ohne Fenster. Für Vonovia überdurchschnittlich. Foto: pixabay
Mieterforum II/2025 6 ::: Wohnungspolitik Mietpreisbremse Verlängert, aber nicht verstetigt Die Mietpreisbremse wird um vier Jahre verlängert und gilt weiterhin nur in von den Bundesländern festgelegten „angespannten Wohnungsmärkten“. Eine dauerhafte oder flächendeckende Regelung ist nicht vorgesehen. Damit bleibt die Mietpreisbremse ein befristetes Instrument mit begrenzter Wirkung, das viele Mieter:innen gar nicht schützt – etwa in zahlreichen Städten des Ruhrgebiets. Ein Lichtblick ist die Überlegung, Verstöße gegen die Mietpreisbremse künftig mit Bußgeldern ahnden zu wollen. Bislang mussten Mieter:innen selbst aktiv werden und rechtliche Schritte riskieren. Künftig könnte der Staat selbst eingreifen. Allerdings bleibt vieles vage: Erst eine Expert:innen-Kommission soll bis Ende 2026 Vorschläge erarbeiten. Konkrete Verbesserungen sind also frühestens 2027 zu erwarten – wenn überhaupt. Mieterhöhungen Kein zusätzlicher Schutz Auch eine Entlastung der Mieter:innen beim Thema Mieterhöhung, etwa durch eine Absenkung der sogenannten Kappungsgrenze fehlt. Mieten dürfen weiterhin alle drei Jahre um bis zu 20 Prozent erhöht werden. Es deutet sich sogar an, dass die Begrenzung von Mieterhöhungen bei Modernisierung – bisher 2 bis 3 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche – zur Disposition steht. Zwar bleibt im Koalitionsvertrag offen, in welche Richtung die Änderung gehen könnte, doch die Formulierung, dass „wirtschaftliche Investitionen in die Wohnungsbestände angereizt“ werden sollen, lässt Schlimmes für Mieter:innen befürchten. Kündigungsschutz Hoffnung auf Verbesserungen Im Bereich Kündigungsschutz gibt es ebenfalls Ankündigungen: Die sogenannte Schonfristzahlung, mit der Mieter:innen eine fristlose Kündigung durch nachträgliche Zahlung der Mietschulden abwenden können, soll künftig auch für ordentliche Kündigungen wegen Zahlungsverzugs gelten. Das wäre ein wichtiger Schritt, um Wohnungsverlust und Obdachlosigkeit zu verhindern. Allerdings bleibt auch diese Formulierung im Koalitionsvertrag unklar. Ein verbesserter Schutz vor Eigenbedarfskündigungen, die in der Beratungspraxis immer häufiger werden, ist hingegen nicht vorgesehen. Das Problem der missbräuchlichen Eigenbedarfskündigungen bleibt damit ungelöst, obwohl die SPD im Wahlkampf noch Nachbesserungen angekündigt hatte. Indexmieten und Kurzzeitvermietungen Viel Unklarheit Die Koalition will auch Indexmieten und Kurzzeitvermietungen regulieren – allerdings nur in angespannten Wohnungsmärkten, nicht bundesweit. Bisher gibt es bei Indexmieten – also Mieten, die sich Die Bundestagswahl war auch eine mietenpolitische Richtungswahl. Im Zentrum stand die Frage: Sollen der Mieterschutz gestärkt, der Wohnungsmarkt stärker reguliert und mehr gemeinnütziger Wohnraum geschaffen werden – oder bleibt alles wie bisher? Mit CDU und AfD holten zwei Parteien die meisten Stimmen, die kaum konkrete Verbesserungen oder sogar Verschlechterungen für Mieter:innen angekündigt hatten. Dennoch enthält der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD einige Maßnahmen. Ein echter Aufbruch in der Mieten- und Wohnungspolitik bleibt jedoch aus. Neue Bundesregierung Wenig Fortschritt beim Mieterschutz Foto: pixabay
Mieterforum II/2025 7 ::: Wohnungspolitik am Verbraucherpreisindex orientieren – keine Begrenzung für Mieterhöhungen. Zwar wird eine Regulierung angekündigt, doch wie diese konkret aussehen soll, ist nicht ausformuliert. Auch bei Kurzzeitvermietungen, sind keine klaren Maßnahmen benannt. Gemeinnützigkeit und Vorkaufsrecht Wenig Substanz Finanzmarkt- und profitorientierte Wohnungsunternehmen sind ein entscheidender Treiber für steigende Mieten. Die Koalition will deshalb gemeinnützige und gemeinwohlorientierte Akteur:innen stärken. Die von der Ampel eingeführte „Wohnungsgemeinnützigkeit light“ soll mit Investitionszuschüssen versehen werden. In welcher Höhe und unter welchen Bedingungen? Das sagt der Koalitionsvertrag nicht. Sinnvoll wäre der klare Ausbau, um dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Kommunen sollen ihr Vorkaufsrecht zu limitierten Preisen leichter ausüben können, auch bei sogenannten Share Deals. Das sind Verkäufe, bei denen Käufer:innen nicht die Immobilie erwerben, sondern Anteile des Unternehmens zeichnen, das die Immobilie hält. Das könnte spekulative Verkäufe verhindern und mehr Einfluss auf die Entwicklung von Wohnungsbeständen ermöglichen. Zum Thema Grunderwerbssteuerbefreiung bei Share Deals sagt der Vertrag nichts. In der Regel werden Käufer:innen hier weiterhin keine Grunderwerbssteuer zahlen müssen. Papier ist geduldig Entscheidend ist die Umsetzung Die Erfahrung mit der Ampelkoalition hat gezeigt: Entscheidend ist nicht, was im Koalitionsvertrag steht, sondern was tatsächlich umgesetzt wird – und in welchem Tempo. Viele gute Reformansätze im Ampel-Koalitionsvertrag hatte der frühere FDP-Justizminister Marco Buschmann einfach ausgesessen. Nun sind mit dem Justiz-, Bau- und Umweltministerium drei Schlüsselressorts in SPD-Hand. Es bleibt zu hoffen, dass dies zu mehr Engagement für den Mieter:innenschutz führt. Mit angezogener Handbremse Kein grundlegender Wandel Der Koalitionsvertrag enthält wenige positive Ansätze und bleibt in vielen Punkten vage und unkonkret. Ein grundlegender Wandel in der Mieten- und Wohnungspolitik zugunsten des Mieter:innenschutzes ist nicht erkennbar. Mieter:innen müssen sich weiterhin auf Mieterhöhungen und rechtliche Unsicherheiten einstellen. Die dringend benötigte Entlastung bleibt aus. Entscheidend wird sein, ob die angekündigten Maßnahmen tatsächlich und zeitnah umgesetzt werden. Wir halten Sie auf dem Laufenden. (mar)
Mieterforum II/2025 8 ::: Mietrecht Balkonkraftwerk – fehlende Ästhetik kein Ablehnungsgrund Spätestens seit der Neufassung des § 554 BGB im Oktober 2024 ist klar: Mieter:- innen haben grundsätzlich einen Anspruch auf die Erlaubnis des Vermietenden zur Installation von Steckersolargeräten – umgangssprachlich oft Balkonkraftwerk genannt. Der Vermietende darf diese Erlaubnis nur verweigern, wenn die Installation für ihn unzumutbar ist und seine Interessen, die von Mietenden auf Reduzierung der Stromkosten und das Leisten eines Beitrags zur Energiewende überwiegen. Im vorliegenden Fall hatte der Mieter ohne vorherige Zustimmung der Vermieterin ein Balkonkraftwerk an seinem Balkon installiert. Die Vermieterin verlangte daraufhin die Entfernung der Anlage und berief sich dabei auf mehrere Argumente: Die Solaranlage beeinträchtige das äußere Erscheinungsbild des Hauses, stelle bei Sturm ein Sicherheitsrisiko dar und könne im Brandfall das Anleitern der Feuerwehr behindern. Dies sah das zuständige Landgericht Hamburg anders. Nach Auffassung des Gerichts war die Installation zulässig und rechtmäßig, da die Vermieterin nach der neuen Gesetzeslage zur Zustimmung verpflichtet gewesen wäre. Die Kammer sah das subjektive Schönheitsempfinden der Vermieterin nicht als ausreichenden Grund für die Verweigerung der Erlaubnis an. Auch die weiteren von ihr vorgebrachten Argumente überzeugten nicht. Das Balkonkraftwerk sei, so das Gericht, im konkreten Fall ausreichend gesichert und ob die Feuerwehr weiterhin im Brandfall anleitern könne, sei nicht relevant, da ausreichend Fluchtwege vorhanden seien. Auch die Tatsache, dass der Mieter vorab keine Erlaubnis eingeholt hatte, spielte keine Rolle, weil ein genereller Anspruch auf Genehmigung bestand. Das Landgericht ließ daher die Frage offen, ob es sich bei dem konkreten Balkonkraftwerk überhaupt um eine bauliche Veränderung handelte für die eine Erlaubnis der Vermieterin erforderlich gewesen wäre. Diese Entscheidung stärkt die Rechte von Mietenden und ist wichtiges Signal für alle, die mit Sonnenenergie ihre Stromrechnung senken wollen. Landgericht Hamburg, Beschluss vom 13. Dezember 2024, 311 S 44/24 Unser Tipp Auch wenn es im vorliegenden Fall nicht nötig war: Wer ein Balkonkraftwerk installieren möchte, sollte dieses vor der Installation dem Vermieter ankündigen und die genauen Pläne dokumentieren. So lassen sich unnötige Streitigkeiten vermeiden. Darüber hinaus ist es vor der Installation sinnvoll zu prüfen, ob eventuell Schäden über den Betrieb des Balkonwerks durch eine bestehende Haftpflichtversicherung abgedeckt sind. Wenn nicht, raten wir dringend zum Abschluss einer entsprechenden Versicherung. Eigenbedarf – fehlende Besichtigung ist ein Indiz für unzulässige Vorratskündigung Bei einer Eigenbedarfskündigung müssen Vermietende im Kündigungsschreiben einen ernsthaften und hinreichend konkreten Nutzungswunsch für sich selbst, nahe Familienangehörige oder Angehörige des Haushalts darlegen. Im konkreten Fall begründete der Vermieter die Kündigung damit, dass seine Tochter nach Abschluss ihrer Ausbildung plane, ihren Lebensmittelpunkt aus dem Ausland (Schweden) nach Hamburg zu verlegen. Sie habe sich auf verschiedene Jobangebote in Hamburg beworben und wolle dort künftig leben. Hierin sah das Gericht eine unzulässige Kündigung auf Vorrat. Die Kündigungsgründe waren zu vage. Weder waren die beruflichen Perspektiven der Tochter konkret dargelegt. Noch enthielt die Kündigung nähere Angaben zur Ausbildung und der tatsächlichen Chancen auf eine Anstellung am Wohnort der Tochter. Ein erhebliches Gewicht maß das Gericht der Tatsache bei, dass die Tochter die Wohnung nicht einmal besichtigt hatte. Das wertete das Amtsgericht als starkes Indiz gegen ernsthaften Eigenbedarf. Die Entscheidung entspricht der gängigen Rechtsprechungspraxis. Neu ist die Wertung der fehlenden Besichtigung als wichtiges Indiz gegen einen ernsthaften Nutzungswunsch. AG Hamburg, Beschluss vom 20. Dezember 2024, 49 C 154/24 Urteile Neues aus dem Gerichtssaal
Mieterforum II/2025 9 ::: Mietrecht Unser Tipp Für die Wirksamkeit einer Kündigung kommt es immer auf die konkreten Umstände des Einzelfalls an. Lassen Sie eine Eigenbedarfskündigung immer beim Mieterverein prüfen. Stellt sich zudem nach dem Auszug heraus, dass die Eigenbedarfsgründe nur vorgetäuscht wurden, bestehen Schadenersatzansprüche. Schönheitsreparaturen & bunte Wände – Vermieter muss sich ersparte Aufwendungen anrechnen lassen Wenn Mietende die Wohnung nach Ende der Mietzeit nicht im vertragsgemäßen Zustand zurückgeben, machen sie sich grundsätzlich schadensersatzpflichtig. Im vorliegenden Fall gab ein Mieter seine Wohnung unrenoviert und mit farbig gestrichen Wänden bei Mietende zurück. So hatte er die Wohnung auch bei Mietbeginn übernommen. Gleichwohl akzeptierte der Vermieter den unrenovierten und farbigen Zustand nicht. Nach Wohnungsrückgabe ließ er die Wohnung weiß überstreichen. Die Kosten hierfür, sowie die Kosten für den Mietausfall während der Renovierungszeit stellte er dem ehemaligen Mieter in Rechnung. Der Mieter weigerte sich zu zahlen, sodass das zuständige Amtsgericht entscheiden musste. Nach einer Grundsatzentscheidung des BGH ist ein Mieter gemäß §§ 535, 241 II, 280 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine im neutralen Farbton gestrichene übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird. Hier lag die Besonderheit darin, dass die Wohnung bereits bei Mietbeginn farbig gestrichen war. Daher sah das Amtsgericht keine Verpflichtung, hier eine mit buntem Farbanstrich überlassene Wohnung zum Ende der Mietzeit im neutralen Farbton zu streichen. Hinzu kam, dass auch die mietvertragliche Schönheitsreparaturklausel unwirksam war. Nach den gesetzlichen Vorschriften der §§ 536 BGB wäre daher der Vermieter selbst während der Mietzeit verpflichtet gewesen, regelmäßig zu streichen. Die Entscheidung des Amtsgericht Hanau liegt auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung des BGH bei unrenoviert übernommenen Wohnungen. Sie stellt klar, dass eine farbig gestrichen angemietete Wohnung auch so am Ende der Mietzeit zurückgegeben werden kann. AG Hanau, Beschluss vom 29. November 2024, Az: 32 C 265/23 Unser Tipp Zur Wirksamkeit von Schönheitsreparaturklauseln gibt es für Laien unüberschaubare Flut von Gerichtsentscheidungen. Ein Wort kann im Einzelfall über die Wirksamkeit einer Mietvertragsregelung entscheiden. Bestehen Differenzen über den Umfang von Renovierungspflichten bei Auszug, sollten Sie sich rechtzeitig vor Übergabe beraten lassen. (rw/mag)
Mieterforum II/2025 10 Foto: pixabay ::: Wohnungspolitik Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) besteht eigentlich bereits seit 2006 eine gesetzliche Grundlage, um Diskriminierung zu verbieten. Dieses definiert jedoch Ausnahmen, sodass in manchen Fällen Diskriminierung nicht geahndet werden kann. Es ist dadurch zu schwach und weist enorme Schutzlücken auf. Deshalb will der Planerladen mit der Kampagne „Fair vermieten – Diskriminierung verbieten“ für diese Problematik des ungenügenden Diskriminierungsschutzes sensibilisieren und fordert eine Reform des AGGs. Folgen der Ungleichbehandlung Diskriminierung hat viele Gesichter – Migrationshintergrund, Religion, Geschlecht und weitere Merkmalszuschreibungen, an denen sich Ungleichbehandlungen aufhängen. In seinem Jahresbericht gab das Beratungsnetzwerk ada.nrw – in dem die Servicestelle für Antidiskriminierungsberatung des Planerladen Mitglied ist – an, dass 2023 insgesamt 900 Diskriminierungsfälle in ihren Beratungsstellen gemeldet wurden. Dies ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs: Da das Gesetz noch viel zu wenig bekannt ist, die Beratungsinfrastruktur oftmals an ihre Kapazitätsgrenzen stößt und besonders ländliche Räume unterversorgt sind, ist von einer deutlich höheren Dunkelziffer auszugehen. In 2023 fanden insbesondere im Lebensbereich Wohnen, sei es bei der Wohnungssuche oder aufgrund rassistischer Einstellung in der Nachbarschaft, mit 13 % die viertmeisten Diskriminierungsfälle statt. Die Folgen der Ungleichbehandlung sind drastisch: Integration und Teilhabe am Wohnungsmarkt werden erschwert. Anhaltende Wut und Hilflosigkeit bringen tiefgreifende, negative Auswirkungen für Eine dreiköpfige Familie bewirbt sich auf eine Wohnung, doch die Angestellte des Wohnungsunternehmens weist auf das Belegungskonzept des Unternehmens hin und lehnt mit der Begründung ab, dass sie für die betroffene Wohnung aktuell nur Deutsche suchen. Der soziale Frieden im Haus solle nämlich nicht gefährdet werden. Ein fiktives Beispiel, das jedoch so oder ähnlich die Lebensrealität vieler Menschen darstellt und klar diskriminierend ist. Kampagne des Planerladen Fair vermieten – Diskriminierung verbieten Plakat: Planerladen
Mieterforum II/2025 11 ::: Wohnungspolitik die psychische und körperliche Verfassung mit sich. Außerdem minimieren sich die Auswahlmöglichkeiten an passenden Wohnungen und Betroffenen bleibt oft nichts anderes übrig, als kleinere und/oder schlechter ausgestattete Wohnungen zu höheren Mieten zu akzeptieren – das Armutsrisiko steigt. Die Beratungsarbeit für Antidiskriminierung basiert auf dem AGG, stößt aber dort regelmäßig an dessen Grenzen. In seiner aktuellen Form ermöglicht das AGG nämlich keinen diskriminierungsfreien Zugang zu Wohnraum und gleiche Chancen für alle. Dabei stellt Wohnen ein Grundbedürfnis dar und ist Basis für die Teilhabe in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Gesetz mit Reformbedarf Die notwendigen Reformforderungen wurden bisher nicht aufgegriffen und umgesetzt. Dies erschwert es den Betroffenen, ihr Recht durchzusetzen. Ausnahmeregelungen wie sogenannte soziale Belegungskonzepte oder die eingeräumte Freiheit der Vermieter:innen mit weniger als 50 Wohnungen, die Mietinteressierten – mit Ausnahme rassistischer Diskriminierung – grundlos abzulehnen, zeigen nur einige der Schutzlücken auf. Es stellt sich die Frage, wieso ein Gesetz, das Gleichbehandlung erreichen will, Ungleichbehandlung doch ermöglicht. Eine Reform des AGGs ist dringend nötig, um den Diskriminierungsschutz in Deutschland an die Standards der EU-Richtlinien und die UN-Menschenrechtskonvention anzupassen. Aufmerksamkeit durch Provokation Hier setzt die Kampagne des Planerladens an, die auf die Thematik der Diskriminierungsmöglichkeit trotz des davor schützenden Gesetzes aufmerksam macht und eine dringend nötige Reform des AGGs fordert. Sechs Motive beschreiben bildkräftig und prägnant jeweils eine Lücke im AGG. Betitelt sind diese mit bewusst provokativen Aussagen wie „Keine Wohnung für Ausländer!“ oder „Keine Wohnung für Schwule!“. Vielleicht zu provozierend oder unsensibel für manche, jedoch gleichzeitig Aufmerksamkeit ziehend, augenöffnend und im Gedächtnis bleibend für andere. Das Posten der Motive auf Social Media auf dem Instagram-Account des Planerladen sowie die geschalteten Anzeigen zielen darauf ab, eine breite Öffentlichkeit zu erreichen. Erläuternde Texte auf der Website www. planerladen.de/agg-reform, Plakate im öffentlichen Raum, ein auffällig gestalteter Aufsteller beim Housing Action Day und eine Versandaktion von 1.000 Briefen an Unternehmen verschiedenster Branchen, in denen dargelegt wurde, wie ein reformiertes AGG auch ihnen nützt, sind weitere Bausteine der Kampagne. Gleichzeitig wurden und werden Unterschriften für das bundesweite Bündnis „AGG-Reform – Jetzt!“ gesammelt, welches einen Änderungskatalog für das bestehende AGG erarbeitet hat und die Reformierung des AGGs fordert. Die Kampagne fand im Rahmen des Projekts INKLUDO 2.0 statt und wurde durch AMIF-Mittel der EU kofinanziert. (pla) Foto: pixabay
Mieterforum II/2025 12 ::: Stadt im Wandel „Die Kommunikation über Themen erfolgt in traditionellen Genossenschaften nahezu ausschließlich top-down“, beschrieb der Hamburger Mietervereinsvorsitzende Dr. Rolf Bosse die Unternehmenskultur in den Auf dem 2. Alternativen Genossenschaftskongress forderten Mitglieder von Wohnungsbaugenossenschaften mehr Mitspracherechte. Die bundesweite Konferenz fand Mitte Februar im Centro Sociale in Hamburg statt und war von den Berliner, Dortmunder und Hamburger Initiativen „Genossenschaft von Unten“ organisiert worden. meisten Wohnungsbaugenossenschaften. Das sei erstaunlich, denn sogar privatwirtschaftliche Firmen setzten immer stärker auf kooperative Mitbestimmung, betonte der Mit-Organisator der Veranstaltung. Kaum Mitsprache Der Ton war gesetzt. Die Autorin und Publizistin Elisabeth Voß pflichtete Bosse bei und konstatierte ein „Demokratiedefizit“ bei vielen Wohnungsbaugenossenschaften: „Diese gelten zwar als demokratische Unternehmensform, aber immer mehr Mitglieder bemängeln, dass sie zu wenig Mitspracherechte hätten – beispielsweise bei Erhöhungen der Nutzungsentgelte.“ Auch Modernisierungen würden oft über die Köpfe der Nutzerschaft hinweg umgesetzt. Ein weiteres Problem: „Wer aufmuckt, dem droht der Ausschluss wegen genossenschaftfeindlichen Verhalten.“ Überhaupt sei es mit dem Demokratieverständnis in manchen Wohnungsbaugenossenschaften nicht weit her, so Voß: „Dort können die Mitglieder gerade mal die Vertreter wählen.“ 2008 in Berlin gestartet „Zeit sich zu besinnen, sich von den Gepflogenheiten privater Wohnungsunternehmen zu emanzipieren und die genossenschaftliche Idee neu zu beleben“, lautet deshalb das Credo der Initiativen „Genossenschaft von Unten“. 2008 wurde in Berlin die erste Initiative gegründet, 2017 folgte die zweite in Hamburg, 2022 die dritte in Dortmund. Ein Problem sei aber auch die träge Masse der Genossenschaftsmitglieder, von denen viele nur günstig wohnen wollen, aber sich von dem, was eine Genossenschaft ausmacht, nicht angesprochen fühlten oder davon keine Kenntnis hätten. „Viele wissen nicht, dass sie Teil einer Organisation sind und nicht 2. Alternativer Genossenschaftskongress Mehr Demokratie wagen Fotos: stahlpress Medienbüro Engagiert für mehr Mitbestimmung – das Orga-Team des 2. Alternativen Genossenschaftskongresses. Teilnehmer:innen des Kongresses: Auf der Suche nach neuen Wegen, um die Idee der Wohnungsbaugenossenschaften in die Gegenwart zu überführen.
Mieterforum II/2025 13 ::: Stadt im Wandel nur Mieter, sondern Miteigentümer“, so Elisabeth Voß. Auch viele Vorstände begünstigten diese Entwicklung, sagte die Genossenschaftsexpertin und schilderte ein Beispiel für den „Endpunkt“ der Genossenschaftsidee: „Ich habe erlebt, wie sich ein Vorstand auf einer Mitgliederversammlung befragen und seinen Hausjuristen antworten ließ.“ Vorstände seien oft gewinnorientierte Betriebswirtschaftler:innen, die die „Wettbewerbsfähigkeit“ betonen. Der Appell der „Genossenschaft von Unten“ lautet deshalb: Aktiv werden, miteinander ins Gespräch kommen und nicht nur die Vertreter:innen und Aufsichtsräte wählen. „Dafür braucht man aber Strukturen, Räume und Leute, die das in die Hand nehmen“, weiß Voß. Auch auf der rechtlichen Ebene müsse einiges passieren – zum Beispiel die Absenkung der hohen Quoren, um Änderungsvorschläge leichter auf die Tagesordnung zu bringen. Eine Kongress-Teilnehmerin beklagte mangelndes Mitspracherecht bei energetischen Sanierungen, die oft zu kurzfristige Ankündigung der Maßnahmen und schlug zur Abhilfe die Einsetzung von „Nachbarschaftsräten“ vor. Angesprochene Knackpunkte waren auch die Begründungen von Erhöhungen der Nutzungsentgelte auf Basis der Mietenspiegel und hohe Eigenkapitalquoten bei großen Genossenschaften. ANWALTSKANZLEI Märkische Straße 46 | 44141 Dortmund | Tel. 0231/5897980 info@anwaeltebuero.de | barrierefreier Zugang Alena Kiekebusch Arbeitsrecht, Miet- und Pachtrecht Verkehrsrecht, Vertragsrecht Hauke Herrmann Fachanwalt für Sozialrecht, ALG I, I I Renten- und Schwerbehindertenrecht Larissa Völker Mietrecht, Vertragsrecht Verkehrsrecht Kaum Interesse? Marko Lohmann, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Baugenossenschaft Bergedorf-Bille eG mit 25.000 Mitgliedern und 9.500 Wohnungen, war es vorbehalten, eine „andere Perspektive“ einzubringen. Zwar bekannte sich der Vorstand dazu, ein „großer Verfechter der Demokratie-Stärkung in den Wohnungsbaugenossenschaften“ zu sein, bemängelte aber das geringe Interesse an den Mitbestimmungsangeboten seiner Genossenschaft: „Von den 300 gewählten Vertretern erscheinen meist nur 30 bis 40 Prozent zu den Versammlungen.“ Die Vertreterin einer kleinen Dortmunder Genossenschaft bemängelte, dass sich „Mitglieder, Aufsichtsräte und Vorstände schon lange nicht mehr auf Augenhöhe bewegen“ und erinnerte daran, dass die Mitgliederversammlung das höchste Gre- mium einer Genossenschaft ist. Dass manche Vorstände bisweilen in Gutsherrenart auftreten, berichtete ein Genossenschaftler aus Hamburg: „Ich hatte den Mitgliedern per E-Mail Informationen zu diesem Kongress geschickt. Das wurde vom Vorstand als unzulässige Werbung kritisiert.“ Kaum Gemeinsamkeiten? Manfred Zemter von der Berliner Initiative forderte, man müsse den oftmals auf „Profite“ ausgerichteten Genossenschaften etwas entgegensetzen, denn die „Wohnungsgenossenschaften dürfen keine Ware sein“. Zemter erinnerte im „Internationalen Jahr der Genossenschaften“ an die drei wieder zu belebenden Grundprinzipien der Genossenschaften: Selbstverwaltung, Selbsthilfe und Selbstverantwortung und betonte: „Die Leitung einer Genossenschaft hat sich an den Interessen der Mitglieder zu orientieren.“ Auch deshalb sei es ein Unding, dass der Vorstand meist vom Aufsichtsrat und nicht von den Mitgliedern gewählt werde – was eigentlich die Ausnahme sein sollte. Weitere Infos zum Kongress finden Sie unter www.gvu-dortmund.de. (vos, auch veröffentlicht in MieterJournal 1/25 des Mietervereins zu Hamburg) Flyer des Kongresses mit Hinweisen zum Programm. Grafik: Genossenschaft von Unten
Mieterforum II/2025 14 Neuer Kessel, alte Leitungen In den jüngsten Mieterhöhungen nach Mietspiegel, verwies Vonovia auf die vermeintlich vollständig modernisierte Heizungsanlage. Heiko Kleinot, der seit rund 50 Jahren dort wohnt, führt aus, worum in diesem Fall vor dem Amtsgericht Dortmund (Az. 423 C 5782/23) gestritten wurde: „Die Heizungsanlage wurde zwar erneuert, aber das Ringleitungssystem, über das die Wärme zu den einzelnen Gebäude transportiert wird, wurde so belassen.“ Eine Entscheidung, die andere Modernisierungsmaßnahmen ad absurdum führt. Da tauscht das Unternehmen für viel Geld Fenster aus, dämmt Dächer, Treppenhäuser, Kellerdecken und installiert eine neue Heizungsanlage, aber nimmt 2018 berichteten wir im Mieterforum 53 ausführlich über die umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen an den Gebäuden Am Bahnhof Tierpark 18 - 42. Rund 10 Millionen Euro hatte Vonovia seinerzeit in die Hand genommen, Fenster wurden ausgetauscht, Dächer und Kellerdecken gedämmt, Fassaden verschönert. Streit gab es damals aufgrund der intransparenten Modernisierungsankündigungen. Die engagierte Mieter:innen-Initiative warf dem Unternehmen vor, mit zu geringen Abzügen für Instandhaltung gerechnet zu haben und mit theoretischen Einsparungen zu rechnen, die in der Alltagspraxis nicht zu erzielen seien. Doch damit war der Ärger nicht vorbei. große Wärmeverluste beim Verteilen über das marode Leitungssystem in Kauf. Mit Unterstützung des Mietervereins gelang es Kleinot und seinem Mitstreiter Alwin Bartsch jedoch, dass Vonovia die jüngsten Mieterhöhung in diesem Punkt korrigierte. Ein toller Erfolg, durch den die anfälligen Leitungen aber auch nicht besser werden. „In diesem Jahr gab es schon wieder Versorgungsausfälle“, sagt Bartsch. Rund 300 Mieterinnen und Mieter wohnen in den Häusern, insbesondere die Älteren freuen sich, dass sie zwei Ansprechpartner aus ihren Reihen haben, die sie über neue Entwicklungen informieren, Tipps geben können und im Zweifelsfall einen heißen Draht zum Mieterverein haben. Fotos: mik Vonovia Siedlung Am Bahnhof Tierpark Immer was Neues In der Siedlung „Am Bahnhof Tierpark“ in Brünninghausen wohnen etliche Mieter:innen schon seit Jahrzehnten. Damals waren es noch gemeinnützige Wohnungen für Postbedienstete. Hieße die heutige Vermieterin nicht Vonovia wäre die Zufriedenheit mit der Wohnsituation aber wahrscheinlich deutlich höher. Die aktive Mieterinitiative vor Ort begleitet sowohl die kürzliche Teilmodernisierung, als auch die weiteren Versuche die Mieten weiter zu erhöhen. ::: Titel
Mieterforum II/2025 15 ::: Titel mund, die den Stopp des Einbaus der Multisensor Plus-Geräte fordert. Solidarität als Erfolgsrezept Bartsch und Kleinot zeigen, wie wichtig es ist, sich als Mieterschaft zu organisieren und gemeinsam aufzutreten. Mit Solidarität, fachkundige Unterstützung und einem engen Austausch untereinander können Mieter:innen der Macht großer Wohnungskonzerne erfolgreich entgegentreten. Ein ermutigendes Beispiel für alle, die sich gegen den Mietenwahnsinn börsennotierter Unternehmen, Intransparenz und Willkür zur Wehr setzen wollen. Online-Petition Wenn Sie ebenfalls von Vonovias Rauchmeldertausch betroffen sind oder Ihnen das Vorgehen des Unternehmens missfällt, können Sie unter folgendem Link die Petition des Mietervereins mit Ihrer Unterschrift unterstützen: https://t1p.de/zb2tq (mik) Bartsch sehen darin einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre und befürchten, dass die gesammelten Daten missbraucht werden könnten. „Und die Kosten sollen dann auch noch auf die Bewohner:innen umgelegt werden“, erklärt Kleinot. „Aber wofür? Den Komfortgewinn, den Vonovia anführt, sehe ich nicht.“ Bartsch ergänzt: „Wenn diese Geräte auf freiwilliger Basis installiert würden, wäre es kein Problem. Wenn jemand kontinuierlich Temperatur und Luftfeuchtigkeit in seiner Wohnung überwachen möchte, kann er das ja gerne tun. Aber wenn mein Vermieter mir solche Geräte vorschreiben will, wehre ich mich.“ Mit dieser Skepsis stehen die Mieter:innen in Brünninghausen nicht allein: Bundesweit formiert sich aktuell Protest gegen die Datenkraken in den eigenen vier Wänden. Auch Bartsch verweist auf eine Online-Petition des Mietervereins DortNicht alles, was glänzt … Optisch haben die Maßnahmen den Bestand in Brünninghausen sichtbar aufgewertet. „Grey to gold“ nennt Vonovia die Strategie, mit der das Immobilienunternehmen in die Jahre gekommene Gebäude sowohl optisch und energetisch modernisiert als auch durch Maßnahmen wie barrierearme Zugänge zeitgemäße Nutzungsanforderungen erfüllt. Ob es dafür gold schimmernde Metallelemente im Eingangsbereich braucht, ist sicherlich auch eine Frage des ganz persönlichen Geschmacks. Für den Immobilienriesen jedoch soll die Modernisierung in Brünninghausen ein Startschuss für weitere „Grey to gold“-Projekte sein. So wird beispielsweise Vonovia Regionalleiter Ralf Peterhülseweh auf dem Portal „Wohnungswirtschaft heute“ wie folgt zitiert: „Die Verwandlung von Grau zu Gold ist nicht nur eine ästhetische Verbesserung, sondern auch ein verantwortungsvoller Schritt in Richtung einer lebenswerteren und umweltfreundlicheren Zukunft. Unser Bestand bietet eine ‚Grey to Gold‘ Blaupause für vernünftige zukunftweisende Modernisierungen von Siedlungen des 20. Jahrhunderts.“ Doch trotz schöner neuer Fassaden hören Bartsch und Kleinot auch immer wieder von Problemen der Mieter:innen mit Vonovia. Neben Unklarheiten bei den Betriebskostenabrechnungen sind es aktuell die Ankündigungen zur Installation der sogenannten „Multisensor plus“- Rauchmelder, die Vonovia bundesweit in ihren Beständen einbauen lassen will. Im Mieterforum 79 zeigten wir bereits ausführlich, warum diese Geräte, die Daten, die sie sammeln und die Kosten, die auf Mieter:innen umgelegt werden sollen, problematisch sind. Überwachung oder Brandschutz Im Kern geht es darum: Die „intelligenten“ Rauchmelder sammeln kontinuierlich Daten über Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit in der Wohnung. Kleinot und
Mieterforum II/2025 16 Beitrittserklärung zum Mieterverein Online-Beitritt unter www.mvdo.de Versand Mieterforum Ich möchte die Vereinszeitung Mieterforum erhalten Per E-Mail Per Post Mietrechtsschutzversicherung Übernahme aller Prozesskosten bis zu 300.000 Euro, bei einer Eigenbeteiligung von 150,- Euro. Monatsbeitrag: 2,00 Euro Ja, ich möchte über den Mieterverein prozesskostenversichert werden, gemäß dem „Rahmenvertrag zur Mietrechtsschutzversicherung“. SEPA-Lastschriftmandat Ich ermächtige den Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen. Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die vom Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die Abbuchungen erfolgen: 1/1 jährlich 1/2 jährlich 1/4 jährlich Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen. Kontoinhaber/in Name, Vorname IBAN Geldinstitut Rücktrittsrecht Ich erhalte nach Eingang meiner Beitrittserklärung die Satzung des Mietervereins sowie ggf. den „Rahmenvertrag zur Mietrechsschutzversicherung“ zugesandt. Danach kann ich innerhalb von 14 Tagen den Beitritt in den Mieterverein bzw. die Rechtsschutzversicherung widerrufen. Bei Inanspruchnahme der Rechtsberatung erlischt das Rücktrittsrecht. Datum Unterschrift Ihr Kontakt zum Mieterverein Dortmund Unsere Geschäftsstelle: Mieterverein Dortmund, Kampstr. 4, 44137 Dortmund Mo – Do 8.00 – 12.00 und 13.00 – 17.00 Uhr Fr. 8.00 – 14.00 Uhr Tel.: 0231/ 55 76 56 - 0 Fax: 0231/ 55 76 56 - 16 E-Mail: info@mieterverein-dortmund.de Terminvereinbarungen: Tel.: 0231/ 55 76 56 - 0 Fragen zu Mitgliedsbeiträgen: Tel.: 0231/ 55 76 56 - 66 Hotline Allgemeine Mietrechtsfragen: Tel.: 0231/ 55 76 56 - 56 Mo – Fr 11.00 – 12.00 Uhr Telefonische Kurzberatung für laufende Mietrechtsfälle: 0231/ 55 76 56 + Durchwahl Berater/in Durchwahl Sprechzeit Sebastian Belgardt -55 Mo + Mi + Do 11.00 - 12.00 Uhr Fr 12.00 - 13.00 Uhr Di 13.00 - 14.00 Uhr Carsten Feldmann -58 Mo + Mi + Fr 11.00 – 12.00 Uhr Di + Mi + Do 16.00 – 17.00 Uhr Detlef Frittgen -50 Mo + Mi + Fr 10.00 – 11.00 Uhr MI 15:00 – 16:00 Uhr Di + Do 13.00 – 14.00 Uhr Stefan Geide -51 Di + Do + Fr 11.00 – 12.00 Uhr Mo + Mi 15.00 – 16.00 Uhr Martin Grebe -54 Mo + Mi + Do 16.00 – 16.40 Uhr Steffen Klaas -52 Mo + Mi + Do 10.00 – 11.00 Uhr Di + Do 15.30 – 16.30 Uhr Olga Merkel -53 Mo + Do 10.00 – 11.00 Uhr Di 15.30 Uhr – 16.30 Uhr Silke Schwarz -59 Di 11.00 – 12.00 Uhr Mo + Do + Fr 13.00 – 14.00 Uhr Özlem Yildiz -57 Mo + Di + Fr 11.00 – 12.00 Uhr Di + Mi + Do 15.00 – 16.00 Uhr Bitte einsenden an: Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V. Kampstr. 4, 44137 Dortmund Name, Vorname Geburtsdatum Straße, Nr. PLZ/Wohnort Telefon E-Mail Geworben von: (Name, Mitgliedsnummer) Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zum Mieterverein Dortmund und Umgebung e.V., dessen Satzung ich anerkenne. Beitrag je Monat 9,00 Euro.
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