Mieterverein Dortmund - Nr. 76

Mieterforum II/2024 7 ::: Wohnungspolitik Was ist Fernwärme? Der Fernwärme wird im Zuge der Wärmewende eine hohe Bedeutung zugeschrieben. Darunter versteht man Wärme, die nicht lokal im selben Gebäude, also in einem Heizkessel im Keller erzeugt wird, sondern von außen über ein Versorgungsnetz zugeführt wird. Bisher wird Fernwärme vor allem aus der Abwärme von Industrieprozessen, wo sie ohnehin anfällt, gewonnen, als Abwärme abgeleitet und in ein Netz eingespeist, über das dann die angeschlossenen Gebäude versorgt wer- den. Zunehmend sollen sie aber auch aus erneuerbaren Quellen wie Solar- oder Geothermie gewonnen werden. Fernwärme ist besonders für Ballungsge- biete wie Städte geeignet, rund 14 Pro- zent der Haushalte werden per Fernwär- me beheizt. Neben der höheren Energie- effizienz gilt auch als Vorteil, dass durch den Wegfall von Heizkesseln und -anla- gen auch Platzverbrauch und Wartungs- kosten sinken. Zudem gilt Fernwärme zu fossilen Wärmeenergien als günstiger. Sie hat aber auch einen großen Nachteil: Denn Wettbewerb unter den Betreibern gibt es nicht. Der Netzhersteller ist Betrei- ber und Monopolist. Preise kann er selbst gestalten, ohne dass Kund:innen die Möglichkeit haben, zu wechseln. Die Preisgestaltung wird zudem als oft in- transparent und ungewiss kritisiert. Rechtlich ist die Stadt Dortmund verpflichtet, bis 2026 eine kommunale Wärmeplanung vorzulegen. Zugleich regelt das Gebäudeenergiegesetz, welche energetischen Vorgaben Gebäude erfüllen müssen. Für Gebäude, die noch mit konventionellen Energien beheizt werden, heißt es irgendwann: Die alte Anlage muss raus. Der Gesetzgeber hat hierfür im Mietrecht eine neue Variante für Mieterhöhungen bei Modernisierungen geschaffen (§ 559 e BGB). Diese umfasst eine höhere Modernisierungsumlage von 10 Prozent der aufgewendeten Kosten im Jahr, statt ansonsten 8 Prozent. Auch können Instandhaltungskosten für die Heizung pauschal mit 15 Prozent in Abzug gebracht werden. Voraussetzung ist jedoch, dass nach den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetztes modernisiert wird und entsprechende Fördermittel in Abzug gebracht werden. Durch den Einbau der neuen Heizungsanlage darf sich die monatliche Miete um maximal 0,50 Euro/m² innerhalb von sechs Jahren erhöhen. Vermietern ist jedoch auch freigestellt die klassische Modernisierungsumlage zu nutzen. Mieterforum berichtet dazu in Ausgabe Nr. 74 (IV/2023). Wie sieht es in Dortmund aus? Neu ist Fernwärme auch in Dortmund nicht. Schon seit 70 Jahren sind über ein Fernwärmenetz einige hundert Dortmun- der Haushalte in der Innenstadt mittels Dampf aus dem Kraftwerk in der Weißen- burger Straße versorgt worden, rund zehn Prozent aller Dortmunder Haushalte. Das alte Netz war aber in die Jahre gekom- men. Darum hat die DEW21 seit 2018 das gesamte Netz erneuert und ausge- baut, rund 20 Kilometer Leitungen ver- legt. Dafür hat die Stadttochter laut verschiedener Medienberichte rund 100 Millionen Euro in die Hand genommen. Jetzt wird die Wärme nicht mehr über Dampf, sondern über etwa 100 Grad heißes Wasser transportiert. Das kommt aus den Deutschen Gasrußwerken, die in Lindenhorst Produkte für Druckfarben und die Reifenindustrie herstellen. Die Wärme, die bei den Produktionsprozessen entsteht, wird als Abwärme ins Netz ein- gespeist und in die Haushalte transpor- tiert. 2018 haben die Arbeiten am Hafen begonnen und zogen sich über die City in die östliche Innenstadt. Im November verkündete die DEW den Abschluss des Umbaus. Zurzeit laufen erweiternde Ar- beiten rund um den Althoffblock und am Tremoniapark sowie in der Bülowstraße in der nördlichen Innenstadt. Auch eine Ver- längerung nach Hörde ist in der Prüfung. DEW ist aber nicht der einzige Anbieter. Auch EON, Uniper und die Steag-Tochter Iquony betreiben Fernwärmenetze im Ruhrgebiet und in Teilen auch in Dort- mund. EON versorgt einige hundert Haus- halte in Kirchlinde, Westerfilde, Schüren und Am Mühlenberg mit Fernwärme. Gegen den Konzern läuft gerade eine Sammelklage der Verbraucherzentrale wegen, so der Vorwurf, unberechtigter Preiserhöhungen, über die EON im Vorfeld nicht informiert hatte. Plan für den Netzausbau Für die andere Seite der Anschlüsse, die zu versorgenden Gebäude und Haushal- te, hat sich die Wohnungsgenossenschaft Sparbau zum lokalen Partner der DEW21 erklärt und will bald 3.000 Wohnungen im Unionviertel und im Althoffblock ans Fernwärmenetz anschließen. Schon im kommenden Jahr sollen die ersten Wohn- häuser andocken, bis 2028 dann weitere 1.800 Anschlüsse. Ganz geräuschlos passiert das nicht: Im Althoffblock sorgen sich Bewohner:innen um die zukünftige Preisentwicklung der von DEW21 gelieferten Fernwärme, und ärgern sich, vom Genossenschaftsvorstand zu wenig informiert und beteiligt zu werden. Wie genau das Fernwärmenetz in Dort- mund einmal aussehen wird, wird erst 2026 feststehen – dann muss die Stadt Dortmund ihre Kommunale Wärmepla- nung vorlegen, in der sie festhält, wie welche Teile der Stadt künftig energetisch versorgt werden soll. (age) Der Netzhersteller ist Betreiber und Monopolist. Preise kann er selbst gestalten, ohne dass Kund:innen die Möglichkeit haben, zu wechseln.

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