Mieterverein Dortmund - Nr. 76

Mieterforum II/2024 13 ::: Wohnungspolitik Besichtigungen wieder weggeschickt, als die Vermieter erfahren haben, dass ich arbeitslos bin.“ Mehr als die Hälfte (60 Prozent) gab außerdem an, auch aus mindestens einem weiteren Grund dis- kriminiert worden zu sein, wegen des Alters, des Aussehens oder aus rassisti- schen Gründen. Diskriminierung und Barrieren Dazu kommen strukturelle Ausschlüsse und Barrieren, die Wohnungslose von vornherein stärker benachteiligen: durch einen Mangel an kostenlosem Internetzu- gang, oft auch in Notunterkünften, den Mangel an unterstützender Begleitung, weil Sozialarbeiter:innen fehlen, Prozesse bei Jobcentern, die so lange dauern, dass die zugesagte Wohnung an jemand an- deren vergeben wird. „Auch die Schufa kann die Wohnungssuche blockieren“, sagt Arnd Liesendahl. Denn die Auskunft, dass ein:e potenzielle Mieter:in keine Schulden hat, wird meist schon in der Anzeige als Voraussetzung genannt. Aber: Um welche Art Schulden es geht, geben die Auskunfteien nicht an. „Ich habe einen Schufa-Eintrag, aber ich habe keine Mietschulden“ berichtet Arnd Liesendahl aus eigener Erfahrung. Damit wird es fast unmöglich, den Zustand Wohnungslosigkeit zu beenden. Die Studie formuliert das so: „Mit geringem Einkommen und dem Stigma Wohnungs- losigkeit versehen, rücken die Menschen auf den letzten Platz der Schlange.“ Was macht das mit den Betroffenen? „Es kann einsam machen, und isoliert. Man wird psychisch krank“, so Liesendahl. Studien belegen seit Langem, dass Armut mit einem schlechteren Gesundheitszu- stand einhergeht. „Wer wenig Geld hat, bekommt die schlechteren Wohnungen“, sagt Liesendahl. Schimmel und ein schlechter Wohnungszustand, Verkehrs- belastung, Lärm oder soziale Spannungen in der Wohngegend sorgen für Stress, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychi- sche Erkrankungen. Was zu tun ist? Für die Befragten steht die Schaffung von bezahlbarem Wohn- raum ganz oben: durch die Bekämpfung von Leerstand, die Umnutzung leersteh- ender Büroräume, der Ausbau im Bestand sind nur einige Vorschläge. Für die Befrag- ten sollten auch die Kosten der Unterkunft an das Marktniveau angepasst werden und soziale Dienste und Angebote der Wohnungslosenhilfe ausgebaut werden. Ebenfalls für wichtig befunden werden spezifische Wohnungskontingente für Wohnungslose, die direkte Vermittlung in Wohnraum, und auch die Garantie der Kommunen, die finanzielle Sicherheit für Vermieter:innen zu sichern. Arnd Liesendahl ist noch etwas anderes wichtig: „Wir wollen auch aufklären, dass Betroffene Diskriminierung nicht einfach hinnehmen und wissen, dass es Stellen gibt, an die sie sich wenden können. Je mehr das wissen, umso besser können sie sich zur Wehr setzen.“ Worum es ihm außerdem geht: „Dass sich das Bild des Obdachlosen an sich ändert“, appelliert Arnd Liesendahl. „Es sind eben nicht alle faul, alkohol- und drogensüchtig. Es gibt ganz viele von uns, die keine Wohnung haben, und sich trotzdem engagieren, in Suppenküchen oder Kleiderausgaben.“ Die Studie hat Kreise gezogen, ist sowohl im NRW-Landtag als auch im Bundesar- beitsministerium angekommen. „Ich wünsche mir von der Politik, dass wir gefragt werden, was wir brauchen, und Politiker uns helfen, das umzusetzen. Wir sind ja die Experten.“ (age) Bei einem Aktionstag anlässlich der Veröffentlichung der Studie informierten Betroffene über ihre Diskriminierungserfahrungen.

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