Mieterverein Dortmund - Nr. 76

Mieterforum II/2024 12 ::: Wohnungspolitik „Zugang verweigert“ heißt die Studie, die an der Hochschule Düsseldorf entstanden ist und im Januar veröffentlicht wurde. Den Anstoß gaben Arnd Liesendahl und Michael Müller, zwei Experten, denn bei- de waren selbst wohnungs- bzw. obdach- los und haben in Unterkünften bzw. auf der Straße gelebt. Bei der Wohnungssuche haben sie Abwertungs- und Ausgrenzungs- erfahrungen gemacht. „Daraus“, sagt Liesendahl, „ist der Wunsch entstanden, das, was wir aus Erfahrung kennen, wis- senschaftlich zu belegen.“ Die wissen- schaftliche Expertise und Durchführung steuerten die Sozialwissenschaftler:innen Prof. Anne von Rießen und Prof. Christoph Gille und ihr Forschungsteam von der Hochschule Düsseldorf bei. Fast 300 Menschen schilderten in einer Onlinebefragung und persönlichen Interviews eigene Erfahrungen, die sie als Wohnungslose bei der Wohnungssuche gemacht haben. Die Studie konzentriert sich auf die Betroffenenseite: Welche Dis- kriminierungserfahrungen machen woh- nungslose Menschen bei der Wohnungs- suche? Welche strukturellen Barrieren gibt es? Wer diskriminiert? Und vor allem: Was braucht es, um Zugänge zum Wohnungs- markt zu erleichtern? Die Ergebnisse waren erwartbar und sind dennoch krass: Drei Viertel der Befragten hat bei der Wohnungssuche Diskriminie- rung erfahren. Von ihnen gaben 72 Pro- zent (also die Hälfte aller Befragten) an, explizit wegen ihrer Wohnungslosigkeit diskriminiert worden zu sein, 71 Prozent, weil sie Geringverdiener sind oder Sozial- leistungen beziehen. Wie das konkret aussieht? „Man schreibt einen Vermieter an und bekommt als Antwort: ‚Menschen, die vom Jobcenter kommen, nehmen wir nicht‘“, schildert Arnd Liesendahl. „Oder man steht mit zehn anderen bei einer Besichtigung und hört: ‚Wer einen anderen Namen hat oder Sozialleistungen bekommt, muss gar nicht bleiben.‘“ So schildert ein Be- fragter seine Erfahrungen bei der Suche: „Mir haben von 200 kontaktierten Wohnungsanzeigen nur um die 10 Leute geantwortet […]. Ich wurde bei zwei Diskriminierung Der letzte in der Schlange Hunderttausende Menschen in Deutschland sind wohnungslos. Während sich das Klischee, niemand müsse wohnungslos sein, hartnäckig hält, hat eine Studie nun wissenschaftlich belegt, was viele im Feld längst wissen: Wohnungslose erleben auf dem Wohnungsmarkt Diskriminierung und strukturelle Ausschlüsse. Initiiert wurde die Untersuchung von zwei Menschen, die Experten sind: Arnd Liesendahl und Michael Müller waren selbst wohnungs- und obdachlos. Fotos: Johannes Dörrenbächer / fiftyfifty

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