Mieterverein Dortmund - Nr. 72

Mieterforum II / 2023 6 ::: Wohnungspolitik Bilder: Willi Heidelbach & HarmvdB auf pixabay Gebäudeenergiegesetz Heizwende bringt Ampel ins Schleudern Noch nie seit Regierungsübernahme war das Bild der Ampelkoalition in Berlin so miserabel wie aktuell. In Umfragen liegt die AfD gleichauf mit der Kanzlerpartei SPD, die Grünen haben noch mehr Federn gelassen, ohne dass die FDP profitiert. Schuld ist das Gezerre um die Reform des Gebäudeenergiegesetzes, im Volksmund öfter Heizungsgesetz genannt. Doch nicht nur der koalitionsinterne Streit stößt die Menschen ab; das Gesetz löst auch fast panikartige Befürchtungen aus. Nicht alle davon sind rational. Unstreitig ist und war eigentlich immer: Wer das Klima retten will, muss an die Häuser ran! Im Gebäudebereich entstehen 30 % des weltweiten CO2-Ausstoßes. Ursache: Das Verbrennen fossiler Rohstoffe in den Öl- und Gasheizungen. Doch das Tempo, das der zuständige Wirtschaftsminister Robert Habeck (B90/Die Grünen) seit Jahresbeginn vorlegte, versetzte eine ganze Nation in Angst und Schrecken: Schon ab Januar 2024, so die Lesart, sollten nur noch Heizungen zulässig sein, die zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Wie soll das gehen? In Deutschland gibt es allein fast 20Mio. Wohngebäude, dazu zahllose Büros, Fabriken, Geschäftshäuser. Wer soll die alle so schnell umrüsten? Doch wer so dachte, lag von vornherein falsch. Denn es geht nicht um alle Heizungen, sondern um alle neuen Heizungen. Heizungen, die noch funktionieren, dürfen mindestens bis 2045 weiterbetrieben werden. Sie dürfen auch repariert werden, selbst dann, wenn dies hohen Aufwand erfordert. Nur wenn sie irgendwann ausgetauscht werden (müssen), gilt die 65-%-Regel. Kompromisse Und die FDP wäre nicht die FDP, wenn sie in dem koalitionsinternen Krach um das Gesetz nicht ein Stück „Technologieoffenheit“ durchgesetzt hätte. Als das Gesetz am 15. Juni doch noch zur 1. Lesung in den Bundestag eingebracht wurde, stand eine dicke Ausnahme drin: Auch nach dem 1. Januar dürfen noch reine Gasheizungen eingebaut werden, wenn sie sich zur Umrüstung auf Wasserstoff oder Biogas eignen. Auch sonst gibt es reichlich Ausnahmen und Übergangfristen. So dürfen Ölheizungen nun doch noch bis 2026 eigebaut werden, für Hauseigentümer:innen über 80 gilt die neue Regel gar nicht. Zulässig bleiben außerdem Holz- und PelletHeizungen sowie Fernwärme. Letzterer soll sogar eine steigende Bedeutung zukommen. Denn im allerersten Schritt sind zunächst die Kommunen aufgefordert, bis spätestens 2028 sogenannte „Wärmeplanungen“ vorzulegen. Das heißt, sie sollen festlegen, in welchen Vierteln in Zukunft das Fernwärmenetz ausgebaut wird und wo es Biogas- oder Wasserstoffnetze geben wird. Bevor diese Planungen nicht vorliegen, muss sich niemand an das neue Gebäudeenergiegesetz halten. De facto wird der Start also vier Jahre verschoben.

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