Mieterverein Dortmund - Nr. 72

Mieterforum I/2023 11 Recht bekam die Mieterin lediglich bei ihrer Mietminderung wegen umfangreicher Bauarbeiten in der Nachbarschaft. Die Nutzbarkeit der Räume sei, so das Gericht, durch Lärm und Staubemissionen beeinträchtigt. Fazit Das Gericht hatte hier eine teilweise kuriose Einzelfallentscheidung zu treffen. Das Ergebnis deckt sich allerdings weitgehend mit der Rechtsprechung anderer Gerichte. Abgesehen von Baumaßnahmen führen Beeinträchtigungen im Treppenhaus oder übliche Geruchsbeeinträchtigungen in der Regel nicht zu einem Mietminderungsanspruch. OLG Frankfurt, Urteil vom 12.04.2023, Aktenzeichen 2 U 43/22 Gesundheit muss berücksichtigt werden Der Fall Ein Vermieter kündigte einer langjährigen Mieterin wegen Eigenbedarfes. Die Mieterin machte Härtegründe geltend, da sie kurz vor der Kündigung ihr Baby verloren habe. Dies habe zu Angststörungen und Depressionen geführt. Ein Attest eines Facharztes bescheinigte, dass sich durch den Verlust einer Wohnung die depressive Störung der Mieterin erheblich vertiefen würde und selbstgefährdende Tendenzen nicht sicher auszuschließen seien. Der Vermieter klagte anschließend auf Räumung. Die Entscheidung Die Mieterin hatte beim Bundesgerichtshof Erfolg. Die Berechtigung der Kündigung stand außer Frage, der Eigenbedarf war unstrittig. Es ging lediglich darum, ob aufgrund der gesundheitlichen Situation der Mieterin ein Härtefall vorliegt, der sie berechtigt erst einmal in der Wohnung zu bleiben. Eine ernsthafte Gefahr einer erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation eines schwer erkrankten Mieters im Falle eines „Wohnungswechsels“, stelle laut BGH einen entsprechenden Härtegrund dar. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter die Erkrankungen bestritten. Für diesen Fall verlangt der BGH nun, dass die Gerichte ein Sachverständigengutachten einholen, das klärt, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelfall mit dem Umzug verbunden sind und mit welcher Wahrscheinlichkeit diese eintreten können. Grundsätzlich geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass ein Gericht selbst nicht über die erforderliche medizinische Sachkunde verfügt, um das Krankheitsbild zu beurteilen. Fazit Ein Gericht muss dem Vortrag des Mieters und einem vorgelegten Attest sorgfältig nachgehen und im Zweifelsfall ein Sachverständigengutachten einholen. Allerdings steigt das finanzielle Risiko bei nicht rechtschutzversicherten Mietparteien, da Sachverständigengutachten die Verfahrenskosten in die Höhe treiben. (mag) BGH-Beschluss vom 13.12.2022 VIII ZR 96/22 Urteile Neues vom Gericht Nackter Vermieter kein Mietmangel Der Fall Mit einer Palette von möglichen Mietmängeln in einem Mehrfamilienhaus beschäftigte sich das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Eine Mieterin bemängelte unter anderem Gerümpel im Erdgeschoss sowie unangenehmen Koch- und sonstige üble Gerüche. Darüber hinaus ging es um abgestellte Gegenstände im Flur, konkret Kinderwagen, Schuhe, Ranzen und Einkaufstüten. Dem Vermieter, mit Büro im Haus, wurde vorgeworfen, dass er unbekleidet durch das Treppenhaus lief und sich regelmäßig nackt im Hof sonnte. Schlussendlich war die Mieterin noch Baulärm aus der Nachbarschaft ausgesetzt. Die Entscheidung Abgesehen von dem sonnenbadenden Vermieter ging es um typische Belästigungen, die regelmäßig zu Nachbarschaftsstreitigkeiten führen. Das Gericht lehnte im Wesentlichen die Mietminderungsansprüche als unbegründet ab. Derartige Einschränkungen durch abgestellte Gegenstände, so die Begründung, gehen nur in Ausnahmefällen über das als sozial adäquat hinnehmbare Maß hinaus. Wegen des muffigen Gestankes und der Küchengerüche durfte die Mieterin ebenfalls nicht mindern. Vor dem Hintergrund der gemischten Nutzung des Gebäudes sei damit zu rechnen, dass „man sich gelegentlich ein Mittagessen kocht und es gelegentlich auch riecht“. Und auch das Nacktsonnenbaden des Vermieters berechtigte nicht zur Mietminderung. Durch dieses Verhalten würde weder sittenwidrig auf die Mietsache eingewirkt noch deren Gebrauchstauglichkeit eingeschränkt. ::: Mietrecht

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