Mieterforum I/2022 11 ::: Mietrecht Fazit Das Urteil schafft Rechtsklarheit. Ein bisher heilloses Durcheinander bei der Rechtsprechung von Amts- und Landgerichten, die völlig widersprüchlich war, ist mit der Entscheidung vorbei. Dies ist allerdings der einzige positive Aspekt für Mieter:innen. Nunmehr droht, wie im Falle der klagenden Mieterin, eine hohe Kostenbelastung, die gerade größere Bäume verursachen. AZ: BGH VIII ZR 107/20 Räumung trotz nachgeholter Mietzahlung Der Fall Ein Berliner Mieter minderte die Miete wegen verschiedener Mängel. Nachdem Mietrückstände in Höhe von circa 2.600,00 € aufgelaufen waren, kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis wegen Zahlungsrückstand fristlos. Zugleich kündigte sie das Mietverhältnis ordentlich zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist. Da der Mieter nicht auszog, erhob sie Räumungsklage. Nach Zustellung der Räumungsklage zahlte der Mieter die gesamten Mietrückstände nach. Daraufhin wies das Landgericht Berlin die Räumungsklage ab. Dagegen legte die Vermieterin Rechtsmittel beim Bundesgerichtshof ein. Die Entscheidung Der BGH gab der Vermieterin Recht. Tatsächlich räume das Gesetz einem Mieter, dem wegen Mietrückständen gekündigt worden ist, die Möglichkeit ein, die Kündigung zu „heilen“. Dafür muss er spätestens innerhalb von zwei Monaten, nachdem er eine Räumungsklage bekommen hat, den gesamten Mietrückstand vollständig nachzahlen. Dann wird die Kündigung unwirksam. Jurist:innen sprechen hier von einer sogenannten Schonfrist. Nach dem Gesetzeswortlaut gilt diese Schonfrist allerdings nur bei fristlosen Kündigungen. Anders als das Landgericht Berlin sahen die Karlsruher Bundesrichter daher keinerlei Spielraum, die Schonfrist auch auf eine ordentliche Kündigung anzuwenden. Die Sache wurde daher an eine andere Kammer des Berliner Landgerichts zurückgewiesen. Diese muss nun entscheiden, ob die ordentliche Kündigung wegen der behaupteten Mängel unbegründet war. Fazit Der Bundesgerichtshof hält an seiner bisherigen Linie fest. Mieter:innen können trotz Zahlung im Prozess eine fristlose Kündigung nicht „heilen“, wenn d:ie Vermieter:in zugleich ordentlich gekündigt hat. Dies führt in der Praxis bereits dazu, dass Sozialämter oder Jobcenter die Zahlung der Rückstände nur dann übernehmen, wenn d:ie Vermieter:in zusichert, dass das Mietverhältnis trotz ordentlicher Kündigung fortgesetzt wird. In diesen Fällen kann dann nicht einmal die fristlose Kündigung „geheilt“ und eine längere Räumungsfrist erreicht werden. Die Ampelkoalition hat im Koalitionsvertrag angekündigt, hier eine Neuregelung schaffen zu wollen. Es ist jedoch noch offen, wann und wie diese umgesetzt wird. (mag) AZ: BGH VIII ZR 91/20 BGH Neues aus Karlsruhe Kosten für Baumfällarbeiten Der Fall Eine 40 Jahre alte Birke war morsch geworden und nicht mehr standfest. Die Vermieterin, eine Genossenschaft, ließ daher den Baum fällen. Die Kosten legte sie in der nächsten Betriebskostenabrechnung um. Für eine Mieterin bedeutete das allein Kosten von 415,29 €. Sie zahlte zwar die Betriebskosten unter Vorbehalt, forderte dann allerdings gerichtlich die bezahlten Baumfällungskosten zurück. Die Entscheidung Der BGH entschied zugunsten der Genossenschaft. Zur Begründung legte er dabei das Gesetz losgelöst vom Wortlaut aus. Die Umlagefähigkeit von Betriebskosten ist in der sogenannten Betriebskostenverordnung geregelt. Zu den Gartenpflegekosten ist dazu ausgeführt, dass neben der gärtnerischen Pflege auch die Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen gehört. Das Fällen von Bäumen und Gehölzen ist demgegenüber nicht ausdrücklich aufgeführt. Die Karlsruher Richter argumentierten aber so, dass eine Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen regelmäßig die vorherige Entfernung der Altbepflanzung voraussetzt. Zudem stellt ihrer Meinung nach das Fällen und die Beseitigung eines kranken Baumes eine erforderliche Maßnahme der Gartenpflege dar. Auch das Argument, dass derartige Kosten nicht regelmäßig entstehen, ließ der BGH nicht gelten. Trotz möglicherweise größerer Zeitintervalle, in denen es jeweils zu einem Fällen der Bäume kommt, könne man hier noch von laufenden Kosten im Sinne des Gesetzes sprechen.
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